Kölner Initiative Grundeinkommen

Sascha Liebermann: Souveränität gewinnen – Auswirkungen eines bedingungslosen Grundeinkommens


Seit ungefähr sechs Jahren wird über den Vorschlag eines bedingungslosen Grundeinkommens intensiv debattiert. Dabei handelt es sich nicht um ein weiteres sozial- oder arbeitsmarktpolitisches Instrument zur »Bekämpfung« von Arbeitslosigkeit oder Armut. Der Vorschlag setzt anders an, leitet die Bereitstellung einer dauerhaften Geldleistung von der Wiege bis zur Bahre aus der Stellung der Bürger im Gemeinwesen her und lässt dadurch andere Möglickeiten aufscheinen. Sie wird ohne Gegenleistungsverpflichtung gewährt und bricht mit dem Geist der heute bestehenden Transferleistungen. Statt ein bestimmtes Lebensziel vorzuschreiben: Erwerbstätigkeit, überlässt sie es dem Einzelnen, seinen Fähigkeiten und Möglichkeiten gemäß zu leben. Durch diese Anerkennung des Individuums um seiner selbst willen eröffnet ein bedingungsloses Grundeinkommen vielfältige Möglichkeiten. Wie könnte es sich auf Soziale Arbeit und Sozialpsychiatrie auswirken? Eine Antwort darauf skizziert der Beitrag von Dr. Sascha Liebermann.

Seit ungefähr sechs Jahren wird über den Vorschlag eines bedingungslosen Grundeinkommens (kurz: bGE) intensiv debattiert. Dabei sticht noch immer ins Auge, wie häufig die Idee vor allem als ein besseres sozial- oder arbeitsmarktpolitisches Instrument behandelt wird. Ihre weitreichenden Auswirkungen alleine durch die Möglichkeiten, die sie schüfe, werden kaum ins Auge gefasst. Mit der Bedingungslosigkeit des Grundeinkommens ist etwas Bestimmtes gemeint, sie richtet sich gegen ›aktivierende Sozialpolitik‹, den Geist der Bevormundung im Deckmantel emanzipatorisch gemeinter Fürsorge. Bedingungslos soll es in dem Sinne sein, dass es nicht mehr an eine Gegenleistung, an eine Bringschuld des Beziehers, gebunden wird.

Der Einzelne weiß am besten, wie er sein Leben in die eigenen Hände nehmen kann, darauf setzt das bGE. Wo er Rat und Hilfe benötigt, sucht er sie – ganz wie heute schon, denn wir wissen allzu gut: Keine Therapie kann gelingen, keine Therapieempfehlung angenommen werden, wo der Patient die Bereitschaft, sie freiwillig anzunehmen, nicht hat. Bedingt ist ein bGE dennoch, bloß in einem anderen Sinn. Es bedarf eines Gemeinwesens als Solidargemeinschaft von Bürgern, das es bereitstellt. Wenn ich im Weiteren von bGE spreche, dann meine ich damit eine bestimmte Ausgestaltung.

Es geht um eine Alimentierung von der Wiege bis zur Bahre für jeden Staatsbürger und Personen mit dauerhafter Aufenthaltsberechtigung (Status- statt Leistungsbedingung), Kindern wie Erwachsenen gleichermaßen. Eine alleinstehende Person sollte davon auskömmlich leben können. Bestehende bedürftigkeitsgeprüfte Leistungen könnten durch ein bGE bis zu seiner Höhe ersetzt werden (z. B. ALG I und II, Sozialhilfe, Rente, Kindergeld usw., aber auch der Steuerfreibetrag). Je höher es wäre, desto mehr könnte es weitergehende Leistungen ebenfalls ersetzen. Darüber hinaus müssten bedürftigkeitsgemäße Leistungen weiterhin bestehen, die der Einzelne mit dem bGE nicht schultern kann (aufwendige Therapie, unterstützende Hilfsgeräte wie elektrische Gehhilfen usw.). Mit keinem anderen Einkommen würde es verrechnet, es wird also nicht angetastet (anders als heute und bei der Steuergutschrift nach dem Prinzip einer Negativen Einkommensteuer).

Götz W. Werner spricht in diesem Zusammenhang treffend von einem Kulturminimum, um deutlich zu machen, dass es sich nicht um eine Sozialleistung oder Sozialversicherung gegenwärtigen Zuschnitts handelt. Ein solches Grundeinkommen soll Freiräume schaffen und damit die Chance erhöhen, dass jeder seinen Fähigkeiten und Neigungen gemäß initiativ werden kann. Es geht nicht davon aus, dass Menschen aktiviert werden müssen, vielmehr beseitigt es Hemmnisse für Initiative. Die Auswirkungen eines derart gestalteten bGEs wären weitreichend, auch für Sozialpsychiatrie und Soziale Arbeit, weshalb?

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liebermann_souveraenittgewinnensi_10-3.pdf

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